Sonntag, 20. Januar 2013

Ron Paul: Abschiedsrede

am 18.01.2013 von Ron Paul auf mmnews.de
Übersetzung: Verlag Johannes Müller, Bern


ronpaul
In einer bewegenden Abschiedsrede zieht Ron Paul eine dramatische Bilanz zur Situation in den USA: Freiheit, Wohlstand und Frieden seien nie gefährdeter gewesen als heute. “Da dieses System auf Schulden, dem Selbstbetrug und auf dem Irrglauben beruht, Schulden könnten durch ungezügeltes Gelddrucken in einem Papiergeldsystem finanziert werden, war es im Vornherein zum Scheitern verurteilt.” – Es ist eine historische Rede. Die Mahnungen betreffen nicht nur die USA sondern die gesamten westlichen Industrienationen.

 Hier die Rede im Original als Video

Heute spreche ich sehr wahrscheinlich das letzte Mal hier im Plenarsaal. Am Ende des Jahres werde ich nach 36 Jahren politischer Tätigkeit das Repräsentantenhaus verlassen, in dem ich 23 Jahre als Abgeordneter wirkte. Meine Ziele waren 1976 die gleichen wie heute: Förderung von Frieden und Wohlstand durch eine strikte Einhaltung der Grundsätze der individuellen Freiheit.
Ich sah voraus, dass die US-Politik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine grosse Finanzkrise heraufbeschwören, der eingeschlagene aussenpolitische Kurs uns überfordern und die nationale Sicherheit untergraben würde.
Um meine Zielsetzung zu erreichen, hätte die Grösse und der Umfang des Regierungsapparats schrumpfen sollen, die Ausgaben hätten reduziert, das Geldsystem geändert werden sollen und wir hätten auf die unhaltbaren Kosten unseres Weltpolizistentums und den Ausbau des amerikanischen Imperiums verzichten müssen.
Die Probleme schienen überwältigend und unlösbar zu sein, aber aus meiner Sicht wäre es ein guter Anfang gewesen, die Bundesregierung würde nur im Rahmen der Verfassung handeln.
Was habe ich erreicht?
Viele würden sagen, dass meine Anwesenheit im Repräsentantenhaus von 1976 bis 2012 in vielerlei Hinsicht wenig Spuren hinterlassen hat. Kein Gesetz, kein Gebäude oder Strasse wurden nach mir benannt – Gott sei Dank! Trotz meiner Bemühungen ist der Regierungsapparat exponentiell gewachsen, die Steuern blieben erdrückend und das Dickicht von unüberschaubaren Gesetzesbestimmungen wucherte weiter. Die Kriege wurden zum Dauerzustand und ohne das Einverständnis des Repräsentantenhauses geführt, die Haushaltsdefizite explodierten, die Armut grassiert und die Abhängigkeit von der Bundesregierung ist jetzt grösser als jemals zuvor in unserer Geschichte.
Niemand kümmerte sich um den enormen Haushaltsdefizite und die ungedeckten Verbindlichkeiten und der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass dies nicht mehr lange so weitergehen kann. Das Schweigen darüber ist eine wichtige, parteiübergreifende Vereinbarung, damit die Ausgaben munter weiter sprudeln. Die eine Partei will die Militärausgaben um keinen Cent kürzen, die andere die Sozialausgaben nicht zurückschrauben, während beide die Rettungsaktionen und Subventionen für die Banken und Wirtschaftsbosse unterstützen. Die Ausgaben bleiben ungezügelt, die Wirtschaft schwächelt und die Abwärtsspirale dreht sich weiter. Das Durchwursteln unserer Regierung beschneidet unsere Freiheiten und unser Reichtum schmilzt wegen der von unserer Aussenpolitik gelegten Feuersbrünste dahin, die uns immer weniger sicher macht.Das grosse Hindernis für einen echten Wandel in Washington ist die Weigerung anzuerkennen, dass unser Land bankrott ist. Dies führt dazu, dass die Ausgaben ständig steigen, da keine der beiden Parteien die Absicht hat, zu sparen.
Die zur Verfügung sehenden Ressourcen sind aufgebraucht; das Land und das Repräsentantenhaus leben heute in verschiedenen Welten.
(…)

Autoritarismus gegen Freiheit
Führt Autoritarismus zu Armut, Krieg und weniger Freiheit für alle und wird das politische System von einer reichen, kleinen Elite beherrscht, sollten die Menschen beginnen, nach Freiheit zu streben. Das Streben nach Freiheit war sicherlich stärker in der Zeit unserer Gründungsväter und befeuerte den Kampf gegen die mächtige britische Regierung.
Während meiner Zeit im Kongress war der Appetit nach Freiheit ziemlich schwach und das Verständnis für dessen Bedeutung vernachlässigbar. Dennoch ist es positiv, dass, verglichen mit 1976, als ich zum ersten Mal ins Repräsentantenhaus einzog, der Wunsch nach mehr Freiheit und weniger Staat im Jahr 2012 viel stärker ist als damals und wächst, vor allem im Herzland Amerikas. Zehntausende von Jugendlichen und College-Studenten begrüssen mit grosser Begeisterung die Botschaft der Freiheit.
Ich habe mich gefragt, warum die Menschen in einem Land wie dem unseren, einst das Land der Freien und Wohlhabenden, nichts dagegen unternehmen, dass sich ihre Lebensbedingungen immer mehr verschlechtern.

Freiheit, Privateigentum und durchsetzbare freiwillige Verträge schaffen Wohlstand. In unserer frühen Geschichte waren wir uns dessen sehr bewusst. Aber in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten unsere Politiker die Steuer und ein neues Geldsystem ein, damit wir übermässige nationale Ausgaben sowie das Militär bezahlen konnten. Dies war die Geburtsstunde der Federal Reserve und der Einkommensteuer. Die Mehrheit der Amerikaner und die Regierung vereinbarten, dass die Einschränkung der Freiheit notwendig sei um das durchzuführen, was einige „progressive“ Ideen nannten. Diese Art von Demokratie wurde dadurch salonfähig.
Die Politiker konnten jedoch nicht erkennen, dass das, was sie taten, genau das Gegenteil dessen war, was die Kolonisten gesucht hatten, als sie vor der britischen Herrschaft flohen.
Einige mögen einwenden, dass meine Argumente keinen Sinn machen, da sich trotz dieser Politik der Lebensstandard vieler Amerikaner in den letzten 100 Jahren verbessert hätte und dass viele reich geworden seien.
Aber der Schaden für die Marktwirtschaft und unsere Währung war heimtückisch und beständig. Es dauerte lange, um unseren Reichtum zu verkonsumieren, unsere Währung zu zerstören, unsere Produktivität zu untergraben und unsere finanziellen Verpflichtungen bis jenseits des Punkts ohne Wiederkehr auszudehnen. Vertrauen dauert leider manchmal länger als es sollte. Heute fusst all unser Reichtum nur noch auf Schulden.
Der Reichtum, den wir genossen, schien unerschöpflich zu sein und liess uns das Prinzip einer freien Gesellschaft vernachlässigen. Solange die meisten Menschen glaubten, der materielle Überfluss würde ewig dauern, schien es überflüssig zu sein, sich Gedanken über den Schutz einer wettbewerbsfähigen produktiven Wirtschaft und die individuelle Freiheit zu machen.
Das Zeitalter der Umverteilung
Diese Vernachlässigung mündete in ein Zeitalter der Umverteilung des Reichtums durch die katzbuckelnde Regierung zugunsten einiger Weniger, und der Rest interessierte sich nicht dafür. Deshalb sind heute die Geldströme in die Politik bei weitem grösser als jene, welche zurzeit in Forschung und Entwicklung und in produktive unternehmerische Bemühungen fliessen.
Materielle Vorteile wurden wichtiger als das Verständnis und die Förderung der Grundsätze von Freiheit und freien Märkten. Dass materieller Überfluss ein Ergebnis der Freiheit ist, stört uns nicht, aber wenn das Materielle zum einzigen Ziel im Leben wird, sind Probleme vorprogrammiert.
Die Krise zerstörte die Illusion, Reichtum und Wohlstand würden ewig dauern. Da dieses System auf Schulden, dem Selbstbetrug und auf dem Irrglauben beruht, Schulden könnten durch ungezügeltes Gelddrucken in einem Papiergeldsystem finanziert werden, war es im Vornherein zum Scheitern verurteilt. Wir leben heute in einem System, in dem nicht einmal die Schuldzinsen bezahlt werden können und in dem es kein grundsätzliches Verständnis dafür gibt, warum eine freie Gesellschaft entscheidend dazu beitragen könnte, diese Entwicklung umzukehren.
Wird dies nicht erkannt, lässt die Erholung noch für eine lange Zeit auf sich warten; unser Regierungsapparat wird noch mehr aufgebläht, wir geben noch mehr aus, machen noch mehr Schulden, die Mittelschicht verarmt weiter und die Elite strebt nach noch mehr Macht.
Wir benötigen ein geistiges Erwachen

Ohne ein geistiges Erwachen wird der Wendepunkt von der Wirtschaft diktiert. Eine Dollar-Krise wird das heutige, aus der Kontrolle geratene System in die Knie zwingen.
Zu viele Menschen haben zu lange viel Zuversicht und Vertrauen in die Regierung gesetzt und nicht genug in sich selbst. Glücklicherweise werden sich viele zunehmend der groben Fehler der letzten Jahrzehnte bewusst, welche die zwei politischen Parteien gleichermassen begangen haben. Viele Amerikaner fordern, dass man ihnen reinen Wein einschenkt und aufhört, alles schönzureden. Ohne diesen ersten Schritt sind Lösungen unmöglich.
Die Suche nach der Wahrheit und die Antworten in der Freiheit und der Unabhängigkeit zu finden fördert den Optimismus, der für die Wiederherstellung des Wohlstands notwendig ist. Die Aufgabe ist nicht so schwierig, wenn uns die Politik dabei nicht in die Quere kommt.
Wir sind aus verschiedenen Gründen in Bedrängnis geraten.
Die Politiker wissen nicht, wie Reichtum entsteht. Dem Urteil von Politikern und Bürokraten wurde blind vertraut. Dies hat das Vertrauen in eine freie Gesellschaft ersetzt. Zu viele hochrangige Funktionäre waren überzeugt, dass nur sie, bewaffnet mit der willkürlichen staatlichen Macht, Gerechtigkeit und Reichtum bringen könnten. Dies erweist sich immer als Utopie und zerstört Wohlstand und Freiheit. Die Menschen verarmen und die Sonderinteressen, welche beide politische Parteien steuern, werden belohnt.
Es ist also kein Wunder, dass viel von dem, was in Washington geschieht, durch rücksichtslose Parteinahme und Machtsucht erzeugt wird, denn die ideologischen Unterschiede sind vernachlässigbar.
Unkenntnis des Wirtschaftsgeschehens
Unwissen über wirtschaftliche Zusammenhänge ist weit verbreitet. Die Befürworter von Keynes lassen sich nicht vom Scheitern ihrer Politik beeindrucken. Sie glauben weiterhin an den militärischen und inländischen Keynesianismus und bemühen sich verzweifelt, die Wirklichkeit ihrem Wunschdenken anzupassen, während die Wirtschaft darüber in eine Art Schockstarre gefallen ist.
Die Unterstützer staatlicher Verordnungen verwenden humanitäre Argumente, um diese zu rechtfertigen.
Humanitäre Argumente werden immer verwendet, um der Regierung Befugnisse im Zusammenhang mit der Wirtschaft, der Geldpolitik, der Aussenpolitik und der persönlichen Freiheit zu verleihen. Dies ist beabsichtigt und nur schwer zu bekämpfen. Aber Gewalt aus humanitären Gründen bleibt Gewalt. Gute Absichten sind keine Entschuldigung und sind genauso schädlich wie die Gewaltanwendung mit schlechten Absichten. Das Ergebnis ist immer negativ.
Die unmoralische Anwendung von Gewalt ist die Quelle all unserer politischen Probleme. Leider streben viele religiöse Gruppen, säkulare Organisationen und psychopathische autoritäre Regierungen danach, die Welt gewaltsam zu verändern. Auch wenn die angestrebten Ziele wohlmeinend– oder vor allem, auch wenn die wohlmeinenden Ergebnisse trostlos sind. Die angestrebten positiven Ergebnisse kommen nie zustande. Die neuen, dadurch geschaffenen Probleme erfordern noch mehr staatliche Gewalt als Lösung. Das Ergebnis ist, dass die Regierung Gewalt legitimiert und sie aus humanitären Gründen moralisch rechtfertigt.
Aus dem gleichen Grund überfällt unsere Regierung andere Länder, wenn es ihr passt, richtet eine nationale Planwirtschaft ein, beschneidet die persönliche Freiheit und reguliert die Gewohnheiten unserer Bürger.
Es ist schon merkwürdig zu behaupten, man könne einfach bei jemanden eindringen und ihm sagen, wie er sich verhalten und was er essen soll, ihm verbieten zu rauchen und zu trinken, oder ihm vorzuschreiben, wie er sein Geld ausgeben soll, ausser man hat einen kriminellen Hintergrund und keinen Respekt für andere Menschen und deren Eigentum.
Doch nur selten wird danach gefragt, warum es moralisch vertretbar ist, dass ein Fremder mit einem Ausweis und einer Pistole genau das im Namen von Recht und Ordnung zu tun berechtigt ist. Jeder Widerstand wird mit brachialer Gewalt, Bussgeldern, Steuern, Verhaftungen und sogar Gefängnisstrafen bestraft. Dies wird jeden Tag häufiger ohne richterlichen Beschluss durchgeführt.
Kein Regierungsmonopol für Gewaltanwendung
Gewalt zu bekämpfen ist eine Sache, aber ein staatliches Monopol auf die Gewalt zu legalisieren, eine andere: dies beschneidet die Freiheit und erzeugt Chaos, Wut und führt zum Zusammenbruch der Zivilgesellschaft. Der Regierung eine Blanko-Unterschrift zu geben und danach ein untadeliges Verhalten von Bürokraten und Politikern zu erwarten, ist ein Hirngespinst. Wir haben heute ein stehendes Heer von über 100’000 bewaffneten Beamten der TSA, der CIA, des FBI, des Ministeriums für Fischerei und Wildtiere, der FEMA, der IRS, des Vereins der Ingenieure, etc. Unsere Bürger sind heute schuldig, bis ihre Unschuld durch verfassungswidrige Verwaltungsgerichte bewiesen ist.
Die Regierung in einer freien Gesellschaft sollte nicht dazu berechtigt sein, sich in soziale Aktivitäten oder kommerzielle Geschäfte zwischen Individuen einzumischen. Genau so sollte sich die Regierung nicht in die Angelegenheiten anderer Nationen einmischen. Friedliches Verhalten, auch wenn es nicht allen genehm ist, sollte gestattet sein.
Wir müssen die Zwänge bei der wirtschaftlichen Tätigkeit abschaffen, genau wie im Bereich der freien Meinungsäusserung und der Religionsfreiheit. Aber auch in diesen Bereichen beginnt die Regierung, den Ansatz der politischen Korrektheit zu verwenden – eine sehr gefährliche Entwicklung. Seit dem 11.September ist die freie Meinungsäusserung ein Problem, denn jede Internetverbindung kann ohne Gerichtsbeschluss überwacht werden.

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